Fotos von Otto Oetz aus Sucre (Bolivien)

15/16-01-2009











Von Potosí nach Sucre fuhr ich noch im internationalen Viererpack mit den drei jungen Leuten. Wir hatten ein Taxi gemietet, das uns schneller und bequemer nach Sucre bringen sollte. Schneller und bequemer war es, aber auch sicherer? Der jungen Fahrer schwärmte von der Rallye Paris-Dakar, die in diesem Jahr die Atacama in Chile aufwühlt und dennoch weiterhin Paris-Dakar heißt. Michael Schumacher war ihm kein Begriff, hätte aber sein Idol sein können. Egal wie eng die Kurven waren, die Geschwindikgkeit wurde nicht gemindert. Und wenn in einer Ortseinfahrt Höchstgeschwindigkeiten gefordert wurden (20 oder 30 km/h): kein Grund den Fuß vom Gas zu nehmen. Wir haben's überstanden.

Die Unterkunft: eine schöne Jugendherberge mit Spanischkursen für junge Leute vor allem aus Deutschland, Studenten in einem Austauschsemester, Leute im Freiwilligen sozialen Jahr, etc. Eifriges Lernen; die saßen morgens um sieben an ihren Computern und sonstigen Materialien. Irgend wann nach drei Monaten drohte eine Prüfung. Erstaunlich wie viele junge Leute nicht einfach in der Welt herumreisen, vielmehr ernsthaft den Kontakt mit anderen Ländern suchen. Sie waren mir schon vorher hier und dort begegnet. Eine positive Seite der Globsalisierung.

Die drei anderen verließen die Herberge am vorletzten Abend. Ich gehe wieder meine eigenen Wege und suche meinen eigenen Rhythmus.



Sucre ist eine weiße, freundliche Stadt. Die Herberge oben am Hang über dem Zentrum. Die Stadtmitte mit kolonialem Flair.



Die Regierung von Evo Morales hat stolz verkündet, dass Bolivien nach einer erfolgreichen Alphabetisierungskamagner den Analpabetismus überwunden hat. Werden die Schreiber, Briefsteller in dieser Straße jetzt arbeitslos? Zu befürchten ist: "Nein", weil erste Schreib-und Lesererfolge ein erster Schritt sind, der wenn nicht weiter daran gearbeitet wird, wie eine Spur im Sand verweht werden wird.

  

Sucre nennt sich stolz die 'konstitutionelle Haptstadt' Boliviens (Regierungssitz ist La Paz). Es feiert in diesem Jahr den zweihundertsten Jahrestags der ersten Erhebung gegen die Kolonialmacht. Die Glocken der Kirchen begleiteten den ersten Aufstand. Es bildet sich lange vor den ordentlichen Truppen der Generale, Bolivar, Sucre, San Martín eine richtige Guerilla.

Bolivien hat seine Jeanne d'Arc, die zu den ersten und Entschiedensten gehörte. Den Namen habe leider vergessen. Nach der Befreiung die Enttäuschung. Wie immer änderte sich an der Rolle der Frau nichts, ebenso wenig an der der Nachkommen der Ureinwohner. Hundert Jahre später erinnerten sich Bolivianer ihrer und brachten ihre sterblichen Reste mit denen ihres Mannes (der im Kampf gestorben war) zusammen. Sie ruhen heute in der Urne unter dem Bild im Haus der Befreiung an der Plaza Central, einem instruktiven Museum über die Geschichte eines Landes, in dem Regieren ein schwieriges Geschäft zu sein scheint, und das seine drei Kriege allesamt verloren hat, zusammen mit einem guten Teil seines Territorium. Soll man es um seine wenig kriegerische Art beneiden?





Über der Stadt liegt das Museum de la Recoleta in einem ehemaligen Franziskanerkloster, ein Juwel.



Und noch eine Kostbarkeit: Das Museo textilo-etnocrafico, das Museum zur Kunst der indigenen Völker: Musik, Tanz, vor allem aber die Webkunst. Fotografieren war nicht möglich. Es wäre wohl auch ganz schwierig, das einzufangen, was an Kunstfertigkeit in den alten Tuchen und Kleidungsstucken steckt. Zwei Frauen im Hof des Museums arbeiten stumnm und hoch konzentriert wie ihre Vorfahrinnen am Webstuhl.






Tempora mutantur; so ändern sich die Zeiten: aus dem 'Kino Freiheit' wurde das Zentrum einer der vielen freikirchlichen protestantischen Gemeinschaften.



Was sich der Sprayer gedacht hat, bleibt offen: Zugerechtgerückt ergeben die Buchstaben diese Nachricht (an wen?): 'Pueblo de mierda', 'Scheißvolk'.

Was wären Städte ohne ihre Märkte? Hier Eindrücke vom Zentralmarkt im Statzentrum (die beiden ersten und das letzte Foto) sowie vom 'Bauernmarkt' in der Nähe der Jugendherberge.

Die lesende Marktfrau ist nicht die Regel. Verlöre so ein Bild einmal seinen Seltenheitswert, wäre die Alphabetisierung wirklich geglückt. Aber Hand aufs Herz: wieviele Markfrauen studieren bei uns während der Arbeit die Zeitung?
  

  

  

  

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